Seite 4-5 - Darmstadt - Mathildenhöhe

3
2
Die Mathildenhöhe
Die Künstlerkolonie auf der Mathildenhöhe mit dem
hauptsächlich von Joseph Maria Olbrich geprägten
Darmstädter Jugendstil“ ist der Hauptanziehungs­
punkt Darmstadts für Besucher aus aller Welt. Das im
Laufe von 14 Jahren von 1901 bis 1914 in vier Aus­
stellungen entstandene Ensemble ist – soweit erhalten
von außerordentlich hoher bau- und kunstgeschicht­
licher Bedeutung. Seine Ausstrahlung geht weit über
die Region und das Land hinaus. Die Architektur des
Darmstädter Jugendstils“ unterscheidet sich wesent­
lich von der dekorativen Baukunst, die sich in den
meis­ten anderen europäischen Zentren des Jugend­stils
findet. Ihr Hauptmerkmal ist eine neue, vor allem von
Olbrich eingeführte, Auffassung des Gebäudeentwurfs,
die ihren Schwerpunkt in der Stimmigkeit der inneren
Funktion hat, aus der sich die Hülle ergibt. Hier zeigt
das Werk Olbrichs Wege zu einer neuen Architektur
und ist Teil des Aufbruchs zur Moderne am Beginn des
20.
Jahrhun­derts. Unter diesem Aspekt ist die Bebau­
ung auf der Mathildenhöhe möglicherweise einmalig
auf der Welt und rechtfertigt in der Archi­tek­tur­
geschichte eine Sonderstellung, die eines Tages eine
Anerkennung als Weltkulturerbe denkbar macht.
Geschichte
Auf dem östlich der Stadt gelegenen sanft ansteigen­
den Hügel, wo die Darmstädter Bauern ehemals Wein
anbauten, ließ das Darmstädter Fürstenhaus um 1800
einen öffentlich zugänglichen Park im englischen Stil
anlegen. Dieser Garten mit seinen geschwungenen
Wegen war von Beginn an für alle Bürger geöffnet. Die
Namens­geberin des Parks, Prinzessin Mathilde von
Bayern, ließ mit ihrem Mann, dem Erbgroßherzog
Ludwig III., den Park im Zeitgeschmack des Bieder­
meiers mit Garten­häuschen und Pavillons ausstaffieren
sowie den bis heute erhaltenen Platanenhain anlegen.
Im Laufe des 19. Jahrhunderts näherte sich die stark
expandierende Stadt mit ihren Gebäuden dem ehemals
außerhalb des Stadtgebiets gelegenen Park und bezog
so die Mathildenhöhe zunehmend in das Stadtbild ein.
Der Park veränderte sich langsam, denn auch inner­
halb der Gartenanlage wurde gebaut. In den Jahren
1877–1880
entstand nach Plänen des Ingenieurs Otto
Lueger auf der Kuppe der Anhöhe der Hochbehälter des
neu geschaffenen städtischen Wasserleitungs­netzes.
Im Jahre 1897 ließ Zar Nikolaus II., der seit der Heirat
mit Prinzessin Alix, der Schwester von Großherzog
Ernst Ludwig, im Jahre 1894 in enger verwandtschaft­
licher Beziehung zum Darmstädter Fürstenhaus stand,
durch den Petersburger Hofarchitekten Leontij Nikolavic
Benois die russisch-orthodoxe Kapelle erbauen, deren
bunte Farbigkeit, die reich geschmückten Fassaden
und die leuchtend goldenen Turmhauben noch heute
das Bild der Mathildenhöhe prägen.
Die ersten Wohnhäuser auf der Mathildenhöhe ent­
standen im westlichen zur Stadt hin gelegenen Bereich
nach dem Generalbebauungsplan von Karl Hofmann.
Es entstanden bürgerliche Villen im zeittypischen tra­
ditionalistischen Stil.
Ein einzigartiges Gesamtensemble: Die Darmstädter Mathildenhöhe