Seite 6-7 - Darmstadt - Mathildenhöhe

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Ohne den gebildeten und kunstsinnigen Großherzog
Ernst Ludwig hätte es die Mathildenhöhe in ihrer heu­
tigen Gestalt zweifellos niemals gegeben. Der an Kunst,
Theater, Musik und Literatur interessierte Ernst Ludwig
hatte über seine Mutter, Großherzogin Alice, die eine
Tochter der englischen Queen Victoria war, enge Be­zie­
hun­gen zu England. So war er schon früh in Kon­takt
mit der dortigen Arts and Crafts-Bewegung getreten,
einer Vorläuferin des Jugendstils, und ließ sich durch
ihre Ideen inspirieren.
Er hatte sich zum Ziel gesetzt, den Wohlstand Hessens
nachhaltig zu fördern und dabei der Kunst eine tragen­
de Rolle zuzuweisen. Vor diesem Hintergrund ist die
Förderung der Künstlerkolonie auf der Mathildenhöhe
zu sehen. Diese wurde 1899 gegründet und blieb bis
zu ihrem erzwungenen Ende zum Kriegsbeginn 1914
untrennbar mit dem Namen ihres Mäzens verbunden.
1898
hatte Ernst Ludwig die ersten sieben Künstler
nach Darmstadt berufen, sie verpflichtet, drei Jahre
lang in Hessen tätig zu sein und ihnen dafür die Mög­
lichkeit gewährt, frei von materiellen Sorgen, künstle­
risch arbeiten zu können.
Erste Ausstellung der Künstlerkolonie 1901
Erster künstlerischer Leiter war der 1899 aus Wien
berufene Architekt Joseph Maria Olbrich, mit dem sich
der Großherzog besonders gut verstand. Er konzipierte
die erste Ausstellung der Künstlerkolonie im Jahre 1901.
Der künstlerische Schwerpunkt lag darauf, individuelle
Wohnhäuser für die Mitglieder der Künstlerkolonie zu
entwerfen und als vollständig ausgeführte und einge­
richtete Gebäude der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Für dieses Vorhaben hatte Ernst Ludwig den Künstlern
zum Erwerb des Bauplatzes und zur Finanzierung der
Gebäude günstige Konditionen eingeräumt. Aufgrund
dessen konnten sich Olbrich, Christiansen, Habich
und Behrens ein eigenes Wohnhaus leisten. Olbrich
plante alle Häuser; außer dem Haus von Peter Behrens.
Dieser traute es sich als ausgebildeter Maler zu, sein
eigenes Wohnhaus zu entwerfen und begann damit
seine Karriere als Architekt. Das öffentliche Interesse
an der Aus­stellung war groß, aber auch widersprüch­
lich. Von den acht Künstler- und Privat­häusern existie­
ren heute noch sieben, von denen zwei nach Kriegs­
zerstö­rung vereinfacht wieder aufgebaut wurden.
Innen­ein­rich­tun­gen sind nur noch im Haus Deiters
und dem Großen Haus Glückert zu sehen.
Haus Christiansen und Ernst-Ludwig-Haus, nach 1901
Hochzeitsturm und Ausstellungsgebäude