wurde eine andere Bevölkerungsgruppe im
Martinsviertel ansässig. Die Landgrafen über-
gaben ihren Soldaten, Veteranen und deren
Witwen kleine Häuser mit Nebengebäuden zur
landwirtschaftlichen Eigenversorgung. Namen
wie Gardistengasse weisen in diese Zeit.
Als dritte Gruppe siedelten sich Bauern im
Martinsviertel an. Ihnen war die Altstadt inner-
ImMittelalter war die Fläche des heutigen Martins-
viertels Acker- und Weideland. Bis ins 19. Jahr-
hundert hinein blieb diese Nutzung im Wesent-
lichen erhalten. Am Rand des heutigen Stadt-
teils begann allerdings bereits 1582 eine erste
Bebauung. Im Nordosten des Schlosses entlang
der Alexander- und Magdalenenstraße entstand
die »Alte Vorstadt« als Wohnsitz für die Beamten
der Landgrafen und sonstige »Hofbevölkerung«.
Gebaut wurden Häuser im Renaissancestil mit
Schweifgiebelfassaden, die in der damals revolu-
tionären Massivbauweise gemauert wurden.
Bis heute bieten diese Häuser ein einheitliches
Bild historischer Stadtgestaltung. Geschützt
wurden die Bewohner dieser »Hofbediensteten«
durch eine Erweiterung der Stadtmauer. Der
Name Mauerstraße zeugt noch von der damals
dort errichteten Stadtmauer. Im 18. Jahrhundert
Rückblick aufs Viertel
halb der Stadtmauer zu eng geworden und sie
verlegten ihre Höfe entlang der Pankratius- und
Arheilger Straße. Hier befindet sich heute noch
der Stall des städtischen Ebers (männliches
Schwein = Watz), was dem Stadtviertel im
Volksmund den Namen »Watzeverdel« gab.
Handwerker und die in die Stadt drängende
verarmte Landbevölkerung ließen sich in der
Lauteschläger- und Heinheimerstraße nieder.
Mit der beginnenden Industrialisierung setzte
ein rasantes Bevölkerungswachstum ein. Entlang
des Rhönrings und der Liebfrauenstraße ent-
standen angeheizt durch einen spekulativen
Bauboom schöne Gründerzeithäuser. Dadurch
stieg von 1880 bis 1910 die Zahl der Haushalte
von 1630 auf 5200 um mehr als das Dreifache.