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Das bedeutendste Haus der ersten Ausstellung der
Künstlerkolonie ist jedoch das heutige Museum Künst
lerkolonie, das Ernst-Ludwig-Haus. Das 55 Meter breite
Gebäude mit seiner ruhigen monumentalen Südfassade
wurde als Atelierhaus mit großem Empfangsraum kon
zipiert. In ihm sollten die Künstler der Kolonie arbeiten.
Olbrich beschreibt sein Atelierhaus folgendermaßen:
„
Oben am höchsten Streif soll das Haus der Arbeit sich
erheben, dort gilt, gleichsam in einem Tempel, die Ar
beit als heiliger Gottesdienst. Im abfallenden Gelände:
die Wohnhäuser der Künstler, gleich einem friedlichen
Ort, zu dem nach des Tages emsiger Arbeit von dem
Tempel des Fleißes herabgestiegen wird, um den
Künstler mit dem Menschen einzutauschen.“
Zweite Ausstellung der Künstlerkolonie 1904
Nach dem finanziellen Fiasko der ersten Ausstellung
wurde die zweite 1904 wesentlich bescheidener aus
geführt. Kernpunkt der Ausstellung war die Dreihäuser
gruppe von Joseph Maria Olbrich. Sie wurde als
Musterbeispiel für vorbildliches bürgerliches Wohnen
am westlichen Fuß der Mathildenhöhe gebaut und
zeigt eine deutliche Annäherung an die traditionellen
Formen der umliegenden Villen.
Die Hessische Landesausstellung
für freie und angewandte Kunst 1908
Die dritte Ausstellung beschränkte sich nicht auf die
Arbeiten der Koloniemitglieder, sondern stand unter
dem Motto „Hessische Landesausstellung für freie
und angewandte Kunst“. Das Konzept der Ausstellung
beinhaltete, hessische Künstler und Handwerker zur
Teilnahme an der Ausstellung aufzufordern und mit
den Ergebnissen die Leistungsfähigkeit des hessischen
Kunsthandwerks darzustellen. Neben einer großen
Zahl von Exponaten, die in provisorischen Gebäuden
gezeigt wurden, wurde auch eine kleine Siedlung mit
Arbeiterhäusern gebaut, deren Baukosten 4000 Mark
für ein Einzelhaus und 7200 Mark für ein Zweifamilien
haus nicht überschreiten durften. Zudem war von den
Architekten der Entwurf einer kompletten Innenaus
stattung gefordert worden. Die Gebäude wurden aber
kurz nach der Ausstellung wieder abgetragen und drei
von ihnen im Osten Darmstadts wieder errichtet.
Es entstanden im
Zuge der Ausstel
lung am Osthang
noch drei groß
bürgerliche Villen.
Eine von ihnen,
das Oberhessische
Haus, entwarf
Olbrich in einem
blockhaften klas
sizistischen Stil,
der sich stark von
der Frische seiner
frühen Entwürfe
unterschied. Die
wichtigsten Ge
bäude der großen
Hessischen Lan
desausstellung
waren jedoch der
Hochzeitsturm
und die Ausstel
lungshallen, mit
denen Joseph
Maria Olbrich das Stadtbild mit einem weithin sicht
baren Monument bekrönte und der Stadt ihr Wahr
zeichen gab.
Die letzte Ausstellung der Künstlerkolonie 1914
Nachdem Olbrich im Jahre 1908 gestorben war, hatte
Albin Müller die künstlerische Leitung der Künstler
kolonie übernommen. Schwerpunkte der Ausstellung
von 1914 waren die künstlerische Ausgestaltung des
Platanenhains unter der Leitung von Bernhard Hoetger
und die Planung der Mietshausgruppe am nördlichen
Rand der Mathildenhöhe. Außerdem entwarf Albin
Müller mit dem Löwentor einen markanten Eingangs
bereich und schaffte es, durch den Bau eines Wasser
beckens mit gedrungenen dorischen Säulen und gla
sierten farbigen Fliesen, die russisch-orthodoxe Kapelle
in das bauliche Ensemble zu integrieren.
Friedrich Wilhelm Kleukens
Ausstellungsplakat 1908